Samstag, 29. Januar 2022

Offener Brief an Regierungsrat Daniel Wyler

Offener Brief  

 

Geschätzter Herr Regierungsrat Wyler 

 

Mit Interesse haben wir von der glp Obwalden Ihr Interview in der OZ vom 25. Januar 2022 gelesen. Sie verstehen es hervorragend, bildhaft zu argumentieren. So zum Beispiel, wenn Sie auf die Atomkatastrophe in Fukushima verweisen, wo man «möglichst rasch die Atomkraftwerke abschalten und möglichst alle Autos habe elektrifizieren wollen». Dann kamen Sie und fragten: «Habt ihr das zu Ende gedacht? Kann man alles elektrifizieren, was man elektrifizieren möchte? Und woher kommt der Strom?». Sie geben sich als den unbequemen Fragesteller, der zu wissen glaubt, dass es nicht zielführend ist, deutschen Kohlestrom zur Elektrifizierung zu importieren. Eine Tatsache, welche jedoch mittlerweile offensichtlich und bekannt ist. 

 

Gefragt sind in der Regierung nicht Frauen und Männer, welche unbequeme Fragen stellen, sondern solche, welche die richtigen Fragen stellen – und darauf basierend zukunftstaugliche Problemlösungen erarbeiten und dann auch umsetzen. An diesem Punkt allerdings versiegt Ihre blumige Eloquenz: Der Grund, warum unsere Kernkraftwerke vom Netz gehen werden, bleibt ungenannt. Es ist die Wirtschaftlichkeit, welche nicht mehr gegeben ist, und die Sicherheitsanforderungen, welche sie – mitunter die ältesten der Welt – nicht mehr erfüllen.  

 

Vor allem aber verlieren Sie kein Wort darüber, wie wir in Obwalden mithelfen können, die Energiewende zu schaffen. Wir könnten zum Beispiel konsequent die Produktion und Speicherung von Strom aus Sonnenenergie fördern und dazu die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. Bei Neu- und Umbauten könnte beispielsweise vorgeschrieben werden, dass diese mit Photovoltaik-Anlagen und Energiespeichern ausgerüstet werden. Mit solchen Massnahmen könnten Sie als Volkswirtschaftsdirektor nicht nur die lokale Wirtschaft stärken, sondern auch den Abfluss von Kapital ins Ausland zwecks Beschaffung von fossilen Energieträgern eindämmen. 

 

Auch in der Agrarpolitik 22+ bedienen Sie sich desselben Musters. Kopfzerbrechen bereite Ihnen, dass der Bund in der Tendenz weg vom Fleisch hin zum Getreide wolle. Sie würden jedoch keine Alp kennen, auf der Kartoffeln oder Weizen angebaut würden, meinen Sie mit Blick auf die Topografie des Kantons. Dabei scheinen Sie zu vergessen, dass auch Obwalden nicht nur aus Alpen besteht, sondern Ackerbau durchaus möglich ist. In mehreren Obwaldner Gemeinden bauen innovative Landwirtinnen und Landwirte wieder Getreide an. Genau das braucht es in Zukunft. Menschen, die Ideen haben – und den Mut, diese voranzutreiben.

 

Sie dagegen meinen, es sei Ihre Aufgabe, bei den Bundesbehörden Verständnis dafür zu wecken, dass es nicht nur Landwirtinnen und Landwirte gibt, die im Flachland Äcker bearbeiten. Nein, Herr Wyler, dies ist nicht Ihre Aufgabe. Sie sollten vielmehr die traditionellen Landwirtschaftsstrukturen überdenken und offen sein für Diversifizierungen, wie das der ihnen unterstellte Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Umwelt, André Windlin in der Obwaldner Zeitung vom 28. Dezember 2021 forderte. Bei genauer Betrachtung der Agrarpolitik 22+ stellt man fest, dass diese unter anderem zum Ziel hat, die nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Obwalden liegt mit gut 35% Bio-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche an dritter Stelle, hinter Graubünden und Basel-Stadt. Hier müssten Sie ansetzen und die Agrarpolitik 22+ mit besten Kräften unterstützen. Unser Kanton würde stark davon profitieren. 

 

“Es ist Zeit”. Als neue politische Kraft im Kanton freuen wir uns, mit Ihnen und den anderen politischen Kräften die richtigen Fragen zu stellen und diese lösungsorientiert und zukunftstauglich anzugehen. 

 

Freundliche Grüsse die glp Obwalden